Am 11. Oktober 2023 fand im Schützenvereinsheim in Großdingharting die Herbstversammlung unseres Vereins statt. Geladen hatten wir zu einem Fachvortrag mit dem sperrigen Namen: „Neophyten und Neozoen“. Umso erfreulicher, dass sich unsere Mitglieder nicht schrecken ließen und wir ein volles Haus hatten, sogar aus Oberhaching und anderen umliegenden Gemeinden fanden sich interessierte Gäste ein. Was sind nun Neophyten und Neozoen? Ganz einfach, es handelt sich hierbei um Pflanzen und Tiere, die nach 1492 bewusst oder unbewusst bei uns eingewandert sind. Im Gegensatz dazu sind Archeophyten heimische Pflanzen. Schön und gut, aber warum ist das wichtig? Jeder weiß, dass der Mais, die Tomate und auch die Kartoffel keine europäischen Pflanzen sind, sondern mit Kolumbus aus Amerika zu uns kamen. Ohne diese Kulturgüter wäre unsere Küche um einiges ärmer, was wäre ein Schweinsbraten ohne Kartoffelknödel? Es gibt jedoch eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren, die echte Probleme bereiten. Hier einige Beispiele: Der japanische Staudenknöterich mit seinen bis zu 3 m langen Wurzeln breitet sich so vehement aus und verteidigt seinen Standort, so dass kaum eine einheimische Pflanze dort mehr Fuß fassen kann. Der Riesenbärenklau einst beliebt in Gärten heute oft in Parks, an Straßenrändern und Flussufern verwildert zu finden ist so stark phototoxisch, dass man sich an seinen Blättern Verbrennungen 3. Grades zuziehen kann, wenn die Haut nach der Berührung der Sonne ausgesetzt ist. Eine einzige Pflanze kann bis zu 80.000 Blüten tragen, ihre Samen sind 10 Jahre in der Erde keimfähig! In Ihrer Heimat haben solche Pflanzen Fressfeinde oder werden durch andere Faktoren in Schach gehalten, bei uns jedoch nicht.
Betrachten wir die Tierwelt. Bei Sichtung eines Asiatischen Laubholzbockkäfers (eingeschleppt mit Bau- und Verpackungsholz aus Asien) greift eine EU-Quarantäneschutzverordnung und eine Reihe von Bekämpfungsmaßnahmen werden in Gang gesetzt.
Foto: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)
Die Referentin Frau Windsperger berichtete von der Gemeinde Feldkirchen im Landkreis Miesbach, die wegen dieses Käfers ein ganzes Wäldchen im Ort fällen mussten. Das Holz musste vor Ort verbrannt werden, der Boden gefräst. Ein Albtraum für alle Bewohner, aber natürlich auch in erster Linie für den Waldbesitzer. Deshalb ist eine frühe Entdeckung solcher Schädlinge so wichtig. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Die Referentin klärte uns über die vielverbreitete Spanische Wegschnecke, den Kartoffelkäfer, aber auch die Walnussfliege, den asiatischen Marienkäfer, die weiße Maisfliege, den Maiszünsler und viele andere Arten auf. Wir erfuhren, dass „Modepflanzen“ wie z. B. Kirschlorbeer, Sommerflieder, Götterbaum, Bambusgras, Topinambur mit Bedacht ausgewählt und gepflanzt werden sollten, da diese sich gern und gut vermehren und oftmals von sehr zweifelhaftem Nutzen für unsere Insektenwelt sind. Wir staunten jedenfalls nicht schlecht, als wir hören mussten, dass der Sommerflieder (Buddleja davidii), oft auch Schmetterlingsstrauch genannt, die Schmetterlinge mit einem nikotinähnlichen Stoff regelrecht süchtig, und wohl auch trunken macht, so dass sie leichte Beute für Ihre Feinde werden.
Noch ein paar Zahlen zum Thema: Von den Neuankömmlingen seien es Pflanzen oder Tiere, die in unserer globalisierten Welt so viel schneller und leichter einwandern, verschwinden 90 % einfach wieder, 10 % bleiben und davon ist 1% problematisch. Die Kosten, die dieses eine Prozent der Neophyten und Neozoen verursacht betrug lt. Frau Windsperger jährlich weltweit 10 Mrd. $ im Jahr 2000. Im Jahr 2019 beliefen sich die Kosten bereits auf 423 Mrd.$. Die angesichts dieser Zahlen schüchterne Anfrage aus den Reihen unserer Teilnehmer was wir selbst denn in unseren Gärten tun können um diese Schädliche in Schach zu halten beantwortete die Referentin wie folgt:
Mit offenen Augen durch den Garten und die Natur gehen. Frühe Anzeichen erkennen und ggf. melden, sich bei Neupflanzungen gut informieren und lokal einkaufen sowie unsere Pflanzen fit und widerstandsfähig machen. Im Garten eigenen sich dazu Jauchen aus verschiedenen Pflanzen wie Rhabarber, Tomaten, Wurmfarn, Schachtelhalm, Holunder, Begonien und Moos die auf Pflanzen und Boden gesprüht werden. Sie können die unerwünschten Gäste auf Abstand halten, die Pflanzen stärken und damit auch Mehltau oder Pilzbefall vorbeugen. Wenn Ameisen aber auch Schnecken in der Wiese bzw. im Rasen stören, sollte dort der Humusanteil erhöht werden. Über die Kornblumen am Wegesrand, den Klatschmohn, und die Echte Kamille darf man sich aber einfach nur freuen, diese sind zwar auch Zugezogene, aber in unseren Gärten hochwillkommen.
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